Ich habe eintausend Stimmen,
Die guten und schlimmen,
Die Tag und Nacht
Zwischen meinen Ohren erklingen.
Ich habe eintausend Stimmen
Von Versagen und Gelingen,
Von eintausend Leben und
Von eintausend Klingen.
Ich liebe den Genuss,
Blindes Leben nie gestillt.
Ich will tun, was ich muss,
Denn ich muss tun, was ich will.
Ich lebe im Hier und Jetzt,
Um alle Länder zu bereisen.
Hedonie ist mein Gesetz,
Ich will, gleich Adam, in den Apfel beißen.
Doch das Morgen drückt so sehr;
Du Kind, was fängst du mit dem Leben an?
Was hast du nur aus dir gemacht?
Jeder Genuss macht die Last nur schwer,
Weil Genuss der Seele nichts mehr geben kann –
Genuss hat alle Menschen umgebracht.
Ich will morden und rauben
Beten und glauben
Leben und sterben
Vergehen und werden.
Ich will lieben und gut sein
Frei und auf der Hut sein
Schweigen und schreien
Tot sein, gedeihen.
Ich bin gerne unter Freunden,
Habe um mich immer viele Leute,
Bin gerne mitten im Geschehen,
Auf jedem Fest hat man mich gesehen.
Ich lache viel, ich lache laut,
Strom fließt unter meiner Haut.
Ich liebe sie alle
Bis ich sie alle abknalle.
Denn ich will einfach alleine sein,
Will meine Ruhe vor den ganzen Idioten,
Von Freunden, die mich nicht kennen.
Rühr‘ mich nicht an und nein, komm nicht rein.
Und weil ich kann, werde ich eines geloben:
Ich werde nicht ruhen, bis alle von euch brennen.
Ich habe Verständnis für dein Verhalten.
Nein, ist gut, ich will dir keinen Vortrag halten.
Jeder macht mal Fehler, ist mir klar,
Habe ich auch schon, wirklich wahr.
Weine nicht, ich bin dir nicht böse,
Ach was, ich will dich von den Sünden erlösen!
Denn ich selbst bin in mir ewiger Friede,
Verständnis und Liebe.
Aber sag mal, was fällt dir eigentlich ein?
Denkst du tatsächlich, ich lass‘ das mit mir machen?
Ja, ich bin wütend, ja, das verletzt mich.
Das bricht jetzt unerwartet über dich herein,
Jetzt ist es an mir, zu schreien, zu lachen.
Ja, ich bin wütend, und jetzt bin ich weg Bitch.
Ich will treu sein und huren
Stechen und bluten
Ich sein und nicht ich
Wichtig und nichtig.
Ich will heil sein und schneiden
Stehen und schreiten
Lauschen und singen
Berauschen, erklingen.
Alles, was ich weiß: Ich liebe dich.
Du bist der allerschönste Mensch für mich.
Der Himmel ist für mich dein Gesicht,
Mein Leben für dich – eine heilige Pflicht.
Mit dir will ich nicht alt werden, sondern jung bleiben,
Das Leben durch die Mitte bis an den Rand treiben,
Mit dir wird mir jede Tat gelingen.
Von der Erde nach oben auf himmlischen Schwingen.
Alles, was ich weiß: Ich hasse dich.
All deine Macken, all dein Menschsein,
Weil du auch nicht anders bist als jeder Mensch.
Und weil ich nichts weiß, zerreißt es mich,
Weil du für mich Ursprung bist und Endzeit,
Weil du wie ich bist, doch mich eigentlich gar nicht kennst.
Ich begrüße das Leben
Jeden Tag auf’s Neue,
Denn es wurde mir gegeben,
Daran gibt es nichts zu bereuen.
Fließendes, pulsierendes Leben
Ist das schönste, was es gibt,
Das sich in seiner Fülle, seinem Streben,
Auf immer dem Tod entzieht.
Das Leben ekelt mich wirklich an,
Ja, es wird in meinen Augen wirklich krank
Und ich sehne mich nur noch nach Sterben.
Weil ich niemals mithalten kann,
Zu verworren mein Verstand.
Aus Leben wird Werden, aus Werden Verderben,
Aus Verderben alles Sterben.
Wir leben nur in ewigen Scherben.
Ich will fallen und steigen
Stürzen und reiten
Schauen, erblinden
Suchen, nicht finden.
Ich will Jugend und alt sein
Abstinent und Alk rein
Unmensch und Gutmensch
Heilend verbluten.
Und das Leben ist lustig und locker,
Weil es spricht und nicht stottert,
Weil all das Elend mir egal ist,
Weil’s mich nicht kümmert, wahrlich.
Denn am Ende ist doch alles nichts
Und wenn es nichts gibt, so will ich doch leben,
Genießen, was ich kann, und den Rest dann vergessen,
Mich aus dem Elend erheben
Und mein Leben am Nihilismus messen.
Und Tag für Tag stürzt das Leben auf mich ein,
Erdrückt mich mit Sorgen und Ängsten,
Reißt mich nieder, weil es alles bedeutet.
Und ich sauge alles in mich hinein,
Vom kürzesten Tag bis hin zum längsten.
Das Leben hat mich, wie so viele vor mir, erbeutet.
Ich weiß, ich bin der größte,
Der beste und der schönste,
Der, den alle Menschen lieben,
Der eine, der Gott geblieben
Ist, für sich und die anderen,
Der mit seinem Leben angeben
Kann, weil es das beste ist,
Weil er von den Dichtern und Denkern
Der letzte ist.
Und ich habe kein Recht auf Leben,
Bin der Letzte unter allen Letzten,
Bin schwach und erbärmlich.
Weil alle Menschen und ich selbst mich treten,
Weil alle Menschen und ich selbst mich verletzen,
Bin ich im Reichtum doch allzu ärmlich.
Ich habe eintausend Stimmen,
Die Tag und Nacht singen
Und mich Tag um Tag
Näher an den Abgrund bringen.
Ich habe eintausend Stimmen,
Die in mir Instrumente stimmen,
Die stetig schaurig klingen
Und mir sagen:
Etwas kann mit mir
Oder mit der Welt nicht stimmen.
[Ende 2013]